Samstag, 1. September 2012

Anti(authoritäre) -Erziehung heute!

...manchmal ist es eben doch Geschmackssache!

 Aufgrund meines Nebenjobs verbringe ich einige Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln.  So auch gestern. Neben des unleugbaren Vorteils, dass man auf diesem Weg von A nach B kommt (okay...manchmal nicht in der angesetzten Zeit), kann man auch wunderbar seine Mit"menschen" beobachten. Teils ergibt sich etwas Lustiges, teils etwas absurdes, manchmal aber auch etwas eher unfassbares. Bei der nun folgenden Geschichte bin ich mir noch nicht ganz sicher, in welche Katergorie ich sie stecken will. Vielleicht fällt Euch das ja leichter.

Ich hatte gestern also wieder das unersetzbare Vergnügen die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Schon an der Haltestelle fiel mir ein Vater mit seinem ca. 6jährigen Sohn auf. Warum? Nun, der Sohn war trotz des mäßigen und feuchten Wetters, es nieselte ständig vor sich hin, mit einem immensen Bewegungsdrang gesegnet. Den lebte er folgendermaßen aus: Erst stand nahezu apathisch im Nieselregen neben seinem Vater, in der Hand eine Spielzeugpistole. Diese war hinten mit einem Federzug versehen. Und mit einer Enegelsgeduld und stetig wachsender Begeisterung wurde dieser Federzug von dem Knaben betätigt, was dann jedesmal mit einem wohlklingenden "Klack Klack Klack" begleitet wurde.
Nun gut, eine meine leichtesten Übungen. Kopfhörer auf, Musik an und Ruhe.
Es fuhr der erste Bus vor, die beiden stiegen nicht ein. Es kam der zweite Bus, auch den wollten die nicht. Unweigerlich machte sich so langsam Unruhe in mir breit. Hatte ich doch die Befürchtung, dass die beiden zufälliger Weise in den gleichen Bus steigen müssten, wie ich.
'Ruhig Blut, so ein Bus ist groß. Wer sagt denn, dass die beiden dann auch in deiner Nähe sitzen?', so versuchte ich mich zu beruhigen.
Du ahnst es, lieber Leser. Ich hatte das unverschämte Glück die Anwesenheit der beiden noch länger zu genießen. Und NATÜRLICH saßen die beiden in meiner unmittelbaren Nähe. Nämlich GENAU vor mir. Und ja, der Bus war groß. Und ja, er war auch nahezu leer. Das Schicksal meinte es also wieder einmal besonders gut mit mir.
Diverse therapeutisch empfohlene Übungen autogenen Trainings beruhigten mich dann so weit, dass ich frohen Mutes die Fahrt antreten wollte.
'Ist doch nur ne Stunde.', dachte ich.
Es wurde eine schöne Stunde.
Nils, den Namen bekam ich im Laufe der Fahrt zwangsläufig mit, war nämlich ein besonders aufgewecktes und zudem intelligentes Kerlchen. So begann er seine ganz persönliche Busfahrt damit, mit seiner kleinen Pistole auf die wenigen Fahrgäste zu zielen und jeden "Treffer" mit einem lauten "Peng, du bist tot." zu kommentieren. Sehr zur Freude seines Vaters, der selig vor sich hinlächelte und sichtbar Stolz auf seinen Stammhalter war. Und damit Junior das künftig auch ja richtig machte, zeigte Papa ihm doch auch gleich, dass man vor dem Schuss doch den Abzug spannen (Klack, Klack, Klack) muss und dann beim Schießen den Abzug auch betätigen muss (und wieder Klack Klack Klack). Fein Papa! Dem Sprößling gab das die nötige Motivation dieses Spiel noch weitere Minuten durchzuhalten.
Irgendwann erspähte Nils the Kid dann mich als sein potenzielles Opfer. Auch einer meiner bekannt liebenswürdigen Blicke (siehe Bild) konnte ihn nicht überzeugend von diesem Vorhaben abbringen.

Einige Abschüsse nahm ich also schweigend hin. Bis zu dem Moment, als der kleine liebenswürdige Nils der Meinung war, es wäre doch vieeeeel lustiger, dem Onkel einen Kopfschuss mit aufgesetzter Mündung zu verpassen. Also knallte er mir seine Plastikknarre auch humorlos an den Kopf! Tief durchatmend nahm ich meine Kopfhöre aber, schaute den Vater fragend und fordernd an. Der aber grinste weiter, wie ein debiler Junkie, der den Tripp seines Lebens hat. 'Jut, nicht umsonst haste mal Lehramt und Pädagogik studiert. Das kannste auch alleine regeln. Du weißt ja, wie man mit Kindern umgeht!'
Also legte ich allen Zucker, den ich abends um 21.00 noch aufbringen konnte ich meine Stimme und wandte mich mit einer pädagogisch wertvollen Belehrung an den kleinen Möchtegern-Cowboy:

"Nils, man zielt mit Pistolen nicht auf Lebewesen, und schon gar nichtauf Menschen. Und erst recht haut man fremden Menschen im Bus das Ding nicht an den Kopf. Wenn du das nochmal machst, dann nehm ich dir das scheiß Teil weg. Dann kann dir dein Vater eine neue kaufen oder ich geb dir das Ding wieder, wenn ich aus dem Bus aussteigen muss!"

Nils Augen waren ungefähr so groß, wie die Radkappen eines 10Tonners. 'Sauber, das hat gefruchtet!'
Leider hatte ich den debil grinsenden Alten schon fast vergessen. Genau jetzt schaltete der sich nämlich ein:

Vater: "So kannst du......"
Ich: "Wir sind bei Sie, oder hatten wir schon Sex?"
leicht verwirrter Vater: "So können Sie aber nicht mit dem Nils reden!"
Ich: "Und warum nicht? Ist es viellicht in Ordnung, wie sich Ihr Sohn hier aufführt?"
Vater: "Unser Sohn wird antiauthoritär erzogen. Er findet seine Grenzen alleine. Er muss sich ausprobieren!"
Ich: "Wenn ich Balg mir seine Spielzeug nochmal vor den Latz knallt, dann zeig ich ihm, wo die Grenzen sind!
Vater zeichnet sich durch Schnappatmung aus, dreht den Kopf, um mir zu signalisieren, dass er sich mit einem solch faschistischen Individuum wie mir nicht weiter unterhält.

Während der weiteren Fahrt war die Spielzeugpistole dann bei Papa, der seinerseits nicht anderes zu tun hatte, als den Rest meiner Fahrt mit "Klack, Klack, Klack" zu bgeleiten. Zu dem Zeitpunkt fühlte ich dann langsam Aggressionen in mir aufsteigen. Auch die autogenen Trainings meines teuer bezahlten Therapeuten wollten nicht mehr helfen.
Aber meine Rettung war der gute Nils. Der stellte nämlich eindrucksvoll unter Beweis, dass er nicht nur im Bereich Anstand und Benehmen seine Grenzen selbst austesten darf, sondern auch im Bereich Intelligenz. Und dort hatte er sie ganz klar erreicht. Er trug nämlich bunte Kinderschuhe, in den Farben blau, grün, gelb und schwarz. Auf diese Schuhe deutend sagte er zu seinem Hippie-Vater:
Nils: "Guck mal Papi, ich hab rote Schuhe!"
Vater, dem emotionalen Zusammenbruch nahe und leicht verzweifelt: "Ja, rot ist da auch drin!"

Da wars um mich geschehen. Ich freu mich jetzt schon auf die nächste Busfahrt. People are strange. In diesem Sinne: Tschüss

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